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  • Bine

Wieso sagt einem das eigentlich keiner vorher?

Updated: Dec 1, 2022

Die ersten Jahre mit ein, zwei oder mehr Kindern sind physisch und psychisch belastend. So jetzt ist es raus! Leider redet kaum einer offen und ehrlich darüber. Das muss sich ändern!


Wir wollten schon immer jung Eltern werden und so kam es, dass wir mit 21 Jahren unseren ersten Sohn bekamen. Zu der Zeit waren wir beide noch Vollzeitstudenten und fest entschlossen dies auch nach der Geburt weiter zu bleiben. Unser Modell sah 70/30 aus - sprich 70 % Mama und 30 % Papa bei Kinderbetreuung. Uns war es wichtig, dass einer "schnell" mit dem Studium fertig wird und Geld verdienen kann. Wenn man sich das so vor Augen hält, klingt es vor der Geburt für einen selbst und für (noch) kinderlose einfach. Ja ja, das dachten wir auch. Klar, wir haben unser Modell durchgezogen. Baby Boii da, Studium geht weiter, 70/30 Schichten. Die ersten drei Monate war unser Boii ein Traumbaby, das sich dann für uns mehr oder weniger zu einem - ich möchte hier ehrlich sein - Albtraumbaby entwickelt hat. Er war ständig unzufrieden und hat nur rumgemeckert, gequietscht und gejammert: Rollen - geht noch nicht. Rollen gelernt, Sitzen - geht nicht. Sitzen gelernt, Krabbeln - geht nicht. Usw. Er wollte immer mehr können als er konnte und er war eh schon immer sehr früh dran - mit 8 Monaten ist er gelaufen, doch auch das war nicht genug - denn Reden kann man noch nicht. Irgendwann hab ich aufgegeben und es einfach akzeptiert. Von da an war es für mich wesentlich erträglicher. Wir haben die Monate abgehakt, die verstrichen sind und er grösser wurde. Den 2. Geburtstag sehnsüchtig entgegen gefiebert - das soll ja so eine magische Grenze sein. Dann war er endlich da, der 2. Geburtstag und was sagt ein Bekannter: "Ja jetzt fangen die terrible two an." Ich dachte mir nur: "What? Was soll das denn jetzt bitte heissen?" Tja, mit dem 2. Geburtstag kamen 3 Monate voller Entspannung, er war zufrieden mit sich und ich war glücklich und sicher, dass wir die anstrengende Zeit hinter uns haben. Ne ne, jetzt kamen die Trotzphase und Wutanfälle, Grenzen austesten, der 2 Wochenvogel usw. Der 2 Wochenvogel, so nenn ich die Phasen bei meinen Kindern, da gefühlt alle 2 Wochen ein neuer Vogel auftritt und der alte verschwindet, z.B. 2 Wochen beim Essen schmatzen, die nächsten 2 Wochen wird die Zunge die ganze Zeit rausgestreckt. Das macht das Ganze für mich einfacher, weil ich mich nicht so aufregen muss und weiss, in 2 Wochen ist eh wieder ein neuer Vogel da. Das 3. Lebensjahr war beim Boii geprägt von Grenzen austesten und Trotzphasen, aber nichtsdestotrotz wurde es mit jedem Monat einfacher und jetzt mit 3 Jahren ist er immer noch anstrengend, aber im Vergleich zum Beginn handsam, er sagt mir (meistens), was er will oder auch nicht und das macht es um so viel einfacher.

Auch wenn unser erstes Kind nicht einfach war, wollten wir relativ schnell ein zweites. Ein Kind ist kein Kind. Oder. Mit zwei Kindern, da wirds erst anstrengend. Das hab ich in der zweiten Schangerschaft von so vielen gehört. Ich hab immer nur genickt und mir gedacht: "Ich hab Boii geschafft und das nächste wird unkompliziert." Fazit unser Boii wurde mit 28 Monaten grosser Bruder und der Miniboii war die ersten 10-12 Wochen ein absolutes Schreibaby. Was ich nicht bedacht hatte, war, dass zu Boiis Geburt, mein Mann und ich uns die Arbeit geteilt hatten. Bei Miniboii aber war ich hauptberuflich Mama, da mein Mann ein Startup aufbaut und Startup bedeutet wenig Zeit für alles andere. D.h. bei dem zweiten Kiind haben wir uns auf das 100/100 Modell eingestellt. Ich 100 % Boiis und mein Mann 100 % Startup. Ja so stand ich mehr oder weniger mit einem Schreibaby und einem Kleinkind da. Ich schaltete von Tag 1 an auf Überlebensmodus. Wir müssen irgendwie durch den Tag kommen, ob die Wäsche heute oder morgen gewaschen wird, nur einmal die Woche staubsaugen, es den dritten Tag in Folge Nudel gibt - wen interessierts. Es gibt wichtigeres - nämlich dass es unseren Kinder und mir gut geht. Nach den ersten 10 Wochen war das Schreien grossteils vorbei und seitdem ist Miniboii ein voll zufriedenes, meistens gutgelauntes Baby. Trotzdem sind gerade die ersten Monaten (wenig Schlaf, viel Tragen) physisch und psychisch verdammt anstrengend und gehen an die Substanz. Und jetzt ist da noch der grosse Bruder, der auch Bedürfnisse hat, die gestillt werden müssen. Er will auch seine Mama haben, die zuhört, vorliest, kuschelt und spielt. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich merke meinen Rücken, meine verbrauchten Nerven und das Leben mit zwei Kindern ist einfach anstrengend. Wir Mamas oder Papas schämen uns für eine fehlende Belastbarkeit und fühlen uns schlecht, dass es uns nicht locker flockig fällt unsere Kinder aufzuziehen und zu erziehen. Gerade jetzt im Winter, wenn ich nach dem Kindergarten mit einem eingepacktem Baby, den Kindergartensachen, zig kleinen Bulldogs und einem Kleinkind an der Hand nach Hause komme, kullert mir manchmal die eine oder andere Tränen runter, weil ich mir denke, wie ich ohne, dass eines der Kinder schreit, weil es unten warten muss, alles die Treppe hochbekomme. Gerade in solchen Situationen komme ich mir so allein vor, wobei es mit Sicherheit der Mehrheit der Mamas mit Kindern desöfteren genau wie mir ergeht.

Schon mit einem Kind und der Teilung mit meinem Mann war es nicht ohne. Noch dazu haben wir das Privileg, dass sowohl beide Grosseltern als auch mein Bruder bei uns um die Ecke wohnen und wir was Kinderbetreuung und Erziehung angeht alle zusammen helfen. Doch zwei (und sicher auch mehr) Kinder ist nochmal eine andere Nummer. Da frage ich manchmal, wie das Alleinerziehende ohne Grosseltern in der Nähe schaffen. Oft sag ich mir dann, dass es aufs Leben gesehen nur ein kurze Zeit so anstrengend ist und dass die Zeit so schnell vorbei geht. So motivieren mich auch immer meine Eltern und Schwiegereltern und sie erinnern mich immer: Geniesse die Zeit, die Kinder werden so schnell gross! Klar stimmt das, die 12 Wochen mit schreiendem Miniboii waren im Nachhinein schnell vorbei oder die Quängelphase von Boii, aber sag das bitte mal einer Mama, die seit Wochen oder Monaten keine Nacht mehr durchgeschlafen hat und gerade in mitten solch einer Phase steckt.


Schon mit einem Kind und der Teilung mit meinem Mann war es nicht ohne. Noch dazu haben wir das Privileg, dass sowohl beide Grosseltern als auch mein Bruder bei uns um die Ecke wohnen und wir was Kinderbetreuung und Erziehung angeht alle zusammen helfen. Doch zwei (und sicher auch mehr) Kinder ist nochmal eine andere Nummer. Da frage ich manchmal, wie das Alleinerziehende ohne Grosseltern in der Nähe schaffen. Oft sag ich mir dann, dass es aufs Leben gesehen nur ein kurze Zeit so anstrengend ist und dass die Zeit so schnell vorbei geht. So motivieren mich auch immer meine Eltern und Schwiegereltern und sie erinnern mich immer: Geniesse die Zeit, die Kinder werden so schnell gross! Klar stimmt das, die 12 Wochen mit schreiendem Miniboii waren im Nachhinein schnell vorbei oder die Quängelphase von Boii, aber sag das bitte mal einer Mama, die seit Wochen oder Monaten keine Nacht mehr durchgeschlafen hat und gerade in mitten solch einer Phase steckt.


Kinder haben ist wunderbar, ich liebe meine Boiis und bin unendlich dankbar, dass sie bei mir sind, es ist halt aber auch mindestens so anstregend wie schön.

Ich bin immer wieder stolz auf mich und überrascht wie anpassungsfähig ein Mensch ist. Auch wenn es mir zu Beginn schwer gefallen ist, meine Bedürfnisse nicht so wichtig zu nehmen und die des neuen Familienmitglieds an oberste Stelle zu stellen, muss ich jetzt sagen: "Leute, es tut auch mal gut die eigenen Bedürfnisse runterzuschrauben, man muss es nur zulassen. Es ist ja auch nicht für immer so." Im Grunde ist das die Chance, sich nicht ständig selbst zu perfektionieren und optimieren. Der kleine Zwerg liebt seine Mama, egal ob sie jeden Tag eine perfekt geputzte Wohnung oder nur eine Grundordnung hat. Die kleinen Zwerge haben die wunderbare Gabe uns zu zeigen wie einfach und schön das Leben sein kann, das wichtigste was sie brauchen ist Wärme, Nähe und Liebe, wachsen tun sie von ganz allein. Aber es zehrt halt an den Nerven diese erste Zeit mit kleinen Zwergen.


Und schon wieder stelle ich mir die Fragen: Warum sagt einem das keiner? Ist es so schlimm ehrlich zu sein und zuzugeben, dass einen das Elternsein müde macht? Und jetzt bin ich noch anfang mitte 20 und noch keine mitte ende 30. Ich hätte gerne vorher gewusst, was es heisst zwei Kinder gleichzeitig zufrieden und glücklich zu Bett zu bringen oder beim Mittagessen das Baby zu stillen, selbst zu essen und ein Kleinkind zu füttern (Boii hat ja schliesslich die gleichen Rechte wie Miniboii). Ich wäre gerne darauf vorbereitet gewesen, wie man eine Trotzphase von Boii und einen Entwicklungsschub von Miniboii gleichzeitig für alle am besten managed, ohne abends komplett genervt ins Bett zu fallen. Ich hätte gerne vorher gewusst, dass man schauen muss, dass für sich als Paar auch noch irgendwie Zeit findet.

Doch die ganze Kraft die man investiert lohnt sich, das sehe ich jeden Tag an Boii. Ich hab sicher nicht alles richtig gemacht, das kann keiner. Aber ich habe sicher nicht vieles falsch gemacht, wenn ich ihn mir so anschaue. Ein fröhlicher, frecher Lausbub mit einer gesunden Neugier und viel Schmarrn im Kopf.


Was ich mir für die Zukunft wünsche ist mehr Offenheit in diesem Thema. Ich sehne mit nach ehrlichen Erfahrungen von Mamas und Papas dazu, die uns von ihren Erlebnissen berichten, ohne einem Angst zu machen oder abzuschrecken. Auch wünsche ich mir mehr Respekt vor dem Beruf Mama, niemand hat das Recht die Augenbrauen zu heben, nur weil eine Mama sich dazu entschliesst für ihre Kinder zu Hause zu bleiben.


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